GedichtGedichte

Das Gedicht „Abende im Vorfrühling“ stammt aus der Feder von Georg Heym.

I.

Dem Bettler stahlen Kinder seine Krücken.
Nun sitzt er schimpfend am Laternenpfahl.
Den Blick lockt an ein großes rotes Mal,
Das wuchernd zieht vom Halse zu dem Rücken.

Am Neubau hämmert in den harten Stahl
Ein Mann seit Stunden, daß er birst zu Stücken.
Ein Pärchen füttert Schwäne von den Brücken,
Um sich versammelnd ihre kleine Zahl.

Im Uferwalde brennt in gelbem Schein
Der Abendhimmel. Wolken ziehn zu paar
Darüber hin. Ihm wird der Glanz genommen.

Doch glänzt im ros’gen Blau der Edelstein
Des Abendsternes, einsam, rein und klar.
Es brennt zu hell. Zu Nacht wird Regen kommen.

III.

In großen Höhen zieht ein Wölkchen kaum.
Das Land liegt rings in zarter Helligkeit.
Am Horizonte in den Bergen weit
Ruht grün und rot der Abendwolken Saum.

Es ist, als lebte jeder kahle Baum.
Die Äste fassen in den Himmel breit.
Sie zittern in dem Licht vor Freudigkeit:
Des Frühlings Düfte ziehen durch den Raum,

Durch sonntagsstille Gassen. Manchmal weht
Ein Windhauch durch den Winkel und verfliegt
An blinde Scheiben klopfend. Manchmal geht

Der Fenster eins, das in den Blumen steht,
In erste Frühlingsblumen eingeschmiegt.
Es läßt den Abend ein und schließt sich spät.

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