GedichtGedichte

Das Gedicht „Der 42. Psalm“ stammt aus der Feder von Paul Gerhardt.

Wie der Hirsch im großen Dürsten
Schreiet und frisch Wasser sucht,
Also sucht dich Lebensfürsten
Meine Seel in ihrer Flucht;
Meine Seele brennt in mir
Lechzet, dürstet, trägt Begier
Nach dir, o du süßes Leben,
Der mir Leib und Seel gegeben.

Ach, wann werd ich dahin kommen,
Daß ich Gottes Angesicht,
Das gewünschte Licht der Frommen,
Schau mit meiner Augen Licht!
Meine Tränen sind mein Brot
Tag und Nacht in meiner Not,
Wann mich schmähen meine Spötter:
Wo ist nun dein Gott und Retter?

Wenn ich dann des inne werde,
Schütt ich mein Herz bei mir aus,
Wollte gerne mit der Herde
Deiner Kinder in dein Haus;
Ja, in dein Haus wollt ich gern
Gehen und dir, meinem Herrn,
In der Schar, die Opfer bringen,
Mit erhobner Stimme singen.

Was bist du so hoch betrübet
Und voll Unruh, meine Seel?
Harr auf Gott, der herzlich liebet
Und wohl siehet, was dich quäl.
Ei, ich werd ihm dennoch hier
Fröhlich danken, daß er mir,
Wann mein Herz ich zu ihm richte,
Hilft mit seinem Angesichte.

Mein Gott, ich bin voller Schande,
Meine Seele voller Leid,
Darum denk ich dein im Lande
Bei dem Jordan an der Seit,
Da Hermonim hoch herfür
Und hingegen meine Zier,
Zion, ein klein wenig steiget
Und dir Kron und Zepter neiget.

Deines Zornes Fluten sausen
Mit Gewalt auf mich daher;
Dein Gericht und Eifer brausen
Wie das tiefe weite Meer;
Deine Wellen heben sich
Hoch empor und haben mich
Mit ergrimmten Wasserwogen
Fast zu Grund hinabgezogen.

Gott der Herr hat mir versprochen,
Wann es Tag ist, seine Güt,
Und wann sich die Sonn verkrochen,
Heb ich zu ihm mein Gemüt,
Spreche: Du mein Fels und Stein,
Gegen welchen alles klein,
Dem ich in dem Schoß gesessen,
Warum hast du mein vergessen?

Warum muß ich gehn und weinen
Über meiner Feinde Wort?
Es ist mir in meinen Beinen
Durch und durch als wie ein Mord,
Wann sie sagen: Wo ist nun
Dein Gott und sein großes Tun?
Davon, wann du sicher lagest,
Du so viel zu rühmen pflagest.

Was bist du so hoch betrübet
Und voll Unruh, meine Seel?
Harr auf Gott, der herzlich liebet
Und wohl siehet, was dich quäl!
Ei, ich werd ihm dennoch hier
Fröhlich danken für und für,
Daß er meinem Angesichte
Sich selbst gibt zum Heil und Lichte.

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