GedichtGedichte

Das Gedicht „Löwenzahn“ stammt aus der Feder von Josef Weinheber.

I.

Keine Vase will dich. Keine
Liebe wird durch dich erhellt.
Aber deines Samens reine
weiße Kugel träumt wie eine
Wolke, wie der Keim der Welt.

Lächle! Fühl dich gut gedeutet!
Blüh! So wird aus Schweigen Huld.
Bittre Milch und Flaum, der gleitet:
O, nicht Haß - den Himmel weitet
Weisheit. Stillesein. Geduld.

Wärst du auf der Höh geboren,
ferne, selten, früh empor:
Teilnahmslosem Gang der Horen
blühtest ruhmvoll, unverloren,
groß, dein Wunder vor.

II.

Keine Vase will dich haben.
Aber deine Samenkugel
ist das schönste Wolkenbild der Welt.

Nein, du fühlst dich nicht verstoßen.
Muß denn Kraft beschrieen werden?
Deine bittre Milch ist Haß nicht,
sondern Weisheit, Heil, Geduld.

Lilien, Tulpen und Narzissen:
Laß die Ruhmbedeckten immer
ihr Gewissen überblühn!
Du bist da, millionenmächtig,
stark von Blut, urzeichenhaft.

Sag mir, welches Wunder wärst du,
hätten dich die Höhn geboren,
einsam, fern, zuerst im Jahr?

Ach, da weinten
über dich die Seelenvollen
und die Kärrner zählten deine
tausend heiligen Blütenblätter,
Sohn des Volks!

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