GedichtGedichte

Das Gedicht „Im Nebel“ stammt aus der Feder von Hermann Hesse.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.

Seltsam, Im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

Analyse

Das Gedicht „Im Nebel“ (1906; Epoche der Neuromantik) besteht aus 4 Strophen mit je 4 Versen. Das Reimschema ist ein Kreuzreim [abab]. Weder lässt sich ein einheitliches Versmaß ausmachen (es überwiegen allerdings Daktylen und Trochäen) noch gibt es regelmäßige Kadenzen.

Inhalt

In dem Gedicht teilt ein weise gewordener Mensch der Welt seine Erkenntnis in Form einer Sentenz mit: „Leben ist Einsamsein“ - Hesse war allerdings bei der Veröffentlichung des Gedichts erst knapp 30 Jahre alt.

Hintergrund

Hermann Karl Hesse (1877 - 1962) war ein deutscher und ab 1924 auch ein schweizerischer Romancier, Dichter, Maler und Essayist. Er erhielt 1905 den Bauernfeld-Preis, 1936 den Gottfried-Keller-Preis und 1946 den Goethe-Preis sowie den Nobelpreis für Literatur.

„Hesses Gedichte sind Gedanken und Stimmung zugleich; man könnte sie eine gedankliche Stimmungslyrik nennen. In den Anfängen bleibt der Blick nach innen, in die Abgründe des Individuums gerichtet, später richtet er sich auf die Geschichte, auf das Leben in übergreifender Zusammenhängen.“ [Hans Gerd Rötzer, Geschichte der deutschen Literatur, C.C. Buchners Verlag, S. 296]


Metaphorisch steht Nebel für Unklarheit, Undeutlichkeit (allerdings ist er mehr oder weniger Transparent); in der Bibel ist er ein Bild, das großen Offenbarungen vorausgeht. Er symbolisiert eine "GRAUE Zone" zwischen Realität und Scheinwelt und die Ungewissheit über die Zukunft. Er kann auch Isolation bzw. den nahenden Tod darstellen.

Meteorologisch ähnelt Nebel einer Art tiefliegender Wolke. Er entsteht, wenn Wasserdampf (Wasser in seiner gasförmigen Form) kondensiert. Dabei verbinden sich die Moleküle des Wasserdampfs zu winzigen flüssigen Wassertröpfchen, die in der Luft schweben. Definitionsgemäß verringert Nebel die Sichtweite auf weniger als 1 km, während Dunst eine geringere Beeinträchtigung der Sicht verursacht.

 

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